Foto: Rolf-Jürgen Spieker Die heutige Propsteikirche geht zurück auf die Gründung des Dominikanerklosters im Jahre 1330.
Die Dominikaner hatten im Jahre 1309 durch den deutschen König Heinrich das Privileg erhalten, in der freien Reichsstadt Dortmund ein Kloster zu gründen. Nach vielen Widerständen und mehrfacher Vertreibung gelang es den Mönchen zunächst, eine kleine Kapelle zu bauen und sich offiziell niederzulassen.
Schon bald nach ihrer Niederlassung begannen die Mönche mit dem Bau der Klosteranlage. In den Jahren 1334 bis 1353 erfolgte der Bau des Chores der Kirche und der Sakristei (die heutige Andachtskapelle). Am 9. September 1354 wurde der Hauptaltar der Kirche durch den Kölner Weihbischof Rudolf von Stalberg zu Ehren des heiligen Johannes des Täufers konsekriert und somit die Weihe des fertigen Chores vollzogen. Die Hallenkirche konnte erst 1458 vollendet werden - entsprechend dem Ordensgebot der Dominikaner ohne Glockenturm, sondern nur mit einem Dachreiter – mit dem Kreuzgang und den Klostergebäuden. Die Kirche ist im spätgotischen Stil erbaut, im schlichten Stil der „Bettelorden“. Die Konsekration der gesamten Kirche erfolgte am 6. November 1458 durch den Kölner Weihbischof Heinrich von Rübenach.
Durch großzügige Stiftungen und Spenden erhielt die Kirche im Laufe der Jahrhunderte eine künstlerisch wertvolle Ausstattung, vor allem den Tafelaltar des Derick Baegert um 1490.
Das Kloster überstand die Reformation. Seit dieser Zeit betreuten das Minoritenkloster am Schwanenwall und das Dominikanerkloster die Dortmunder Katholiken. Infolge der Säkularisierung wurden 1805 das Minoritenkloster und 1816 das Dominikanerkloster aufgelöst. Dies geschah durch eine Kabinettsorder des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III.. Sämtliche Liegenschaften und Wertgegenstände des Klosters wurden der katholischen Gemeinde überwiesen.
Durch die Auflösung des Klosters ergab sich für die Dortmunder Katholiken die Notwendigkeit der Gründung einer Pfarrei. Im Mai 1818 wurde nach Anregung durch Preußen und der Genehmigung Roms die Dominikanerkirche durch das Generalvikariat Köln zur Pfarrkirche unter dem Patronat des hl. Johannes des Täufers zur Pfarrkirche erhoben. Sie war die einzige katholische Kirche im alten Dortmunder Stadtgebiet. Seit 1821 gehört Dortmund nicht mehr zur Erzdiözese Köln, sondern zum Erzbistum Paderborn.
Nach Gründung der Pfarrei bestellte die preußische Landesregierung als ersten Pfarrer Laurentius Stratmann, der am 17. Januar 1819 seinen Dienst aufnahm. Die Gebäude des Klosters waren inzwischen verfallen und mussten neu aufgebaut werden. Die beiden letzten Dominikaner Dortmunds, die nach der Auflösung des Klosters geblieben waren und die Seelsorge zunächst übernommen hatten, blieben auch nach Amtseinführung von Laurentius Stratmann bis zu ihrem Tode in der Gemeinde tätig.
Nach dem Tode von Laurentius Stratmann wurde 1847 Hermann Josef Wiemann sein Nachfolger. Er hatte wesentlichen Anteil an der Gründung des St. Johannes-Hospitals und am Aufbau des 1857 gegründeten Elisabeth-Waisenhauses.
Am 26. Mai 1859 gewährte Papst Pius IX. der „Kirche zu Dortmund“ für alle künftigen Zeiten den Rang einer Propsteikirche und dem jeweiligen Pfarrer den Titel des Propstes.
Der enorme Zuwachs der Bevölkerung und dadurch bedingt der Anstieg der Katholiken in der Zeit der Industrialisierung der Stadt seit etwa 1840 machte den Bau neuer Kirchen notwendig. So wurden in Laufe der folgenden Jahrzehnte mehr und mehr Gemeinden von der Propsteigemeinde abgepfarrt. Als erste neue Gemeinde wurde 1883 die Liebfrauengemeinde gegründet.
In der Folgezeit entstanden mehrere soziale Einrichtungen der Propsteigemeinde wie das St. Johannes-Hospital (1851), Josefinenstift (1896), Christinenstift (1901), das katholische Lyceum (das heutige Mallinckrodt-Gymnasium 1920). Während des 1. Weltkrieges (1914 – 1918) wurde die Propsteigemeinde unter dem damaligen Propst Christian Schwermer zur „Katholischen Sammelstelle der Liebesgaben für Heer und Lazarette“ der Vereine und Schulen. In den Zeiten der schweren Weltwirtschaftskrise, der Inflation und zunehmender Arbeitslosigkeit in der Bevölkerung leistete die Gemeinde einen großen Beitrag zur Linderung der Not.
Im Jahre 1925 wurde von Propst Aloys Hähling von Lanzenauer in der auf 12200 Seelen angewachsen Gemeinde zum ersten Mal eine große Volksmission durchgeführt. Die Vorbereitung des Deutschen Katholikentages im Jahre 1927 war Anlass zur Renovierung der Propsteikirche.
In den schweren Jahren von 1929 bis 1959 leitete Propst Wilhelm Aufenanger die Geschicke der Propsteigemeinde. Er wurde zur beherrschenden Persönlichkeit der Katholiken in Dortmund im Abwehrkampf der Kirche gegen den Nationalsozialismus. Seine Aufzeichnungen in der Chronik der Propsteigemeinde sind Dokument der Zeit des 2. Weltkriegs mit den Bombenangriffen auf die Stadt Dortmund.
In der Nacht vom 4. auf den 5. Mai 1943 erlitt die Stadt ihren ersten Großangriff. Bei diesem Luftangriff wurde neben anderen historischen Gebäuden der Stadt auch die Propsteikirche schwer getroffen. Alle Besitztümer der Gemeinde lagen in Trümmern. Der größte Teil der Ausstattung der Kirche überlebte das Inferno, weil Propst Aufenanger rechtzeitig für eine Auslagerung wichtiger Kunstschätze und des Archivs gesorgt hatte, doch vieles ging auch in den Flammen verloren.
Gleich nach Kriegsende bot die Propsteikirche ein Bild der Verwüstung. Dennoch begann man im April 1947 mit dem Wiederaufbau. Im Jahre 1951 waren die Arbeiten zunächst fertiggestellt. 1962/63 erfolgte unter Propst Emil Rath eine grundlegende Restaurierung der gesamten Kirche. Dabei erhielt sie im Innern ihren mittelalterlichen Charakter zurück, der ihr nach dem Krieg durch übereilte Baumaßnahmen genommen worden war.
Propst Emil Rath war 1959 Nachfolger von Wilhelm Aufenanger geworden. Er setzte sich sehr für die Ökumene und die Versöhnung der Völker, insbesondere für die Aussöhnung und die Verständigung mit den Juden ein.
Unter Paul Montag, der seit 1972 Propst war, erfolgte in den Jahren 1983 bis 1987 eine weitere umfangreiche Restaurierung der Propsteikirche. Die Wiedereinweihung der Kirche und die Konsekration des neuen Altars erfolgte am 27. Juni 1987 durch den Paderborner Erzbischof Johannes Joachim Degenhardt. In diesem Altar ruht in einem Schrein eine Reliquie des Stadtheiligen Reinoldus.
Propst Montag veranlasste auch wichtige Baumaßnahmen. So wurde der Klosterflügel neu errichtet (1983). Außerdem wurde 1983 mit dem Bau des Katholischen Centrums begonnen (Einweihung 1986). In diesem Gebäude sind die kirchlichen Dienststellen, die im ganzen Innenstadtbereich verstreut waren, unter einem Dach vereint. Das „Maximilian-Kolbe Haus“ – so der Name des Gebäudes - mit dem dazugehörenden Propsteihof gibt der Innenstadt einen neuen Akzent. 1990 konnten die neuen Propsteiarkaden bezogen werden.
In die erste Zeit der Tätigkeit von Propst Montag fällt als wichtiges Ereignis das Zweite Vatikanische Konzil. Damals befand sich die Stadt Dortmund in einer schwierigen Situation. Die Wiederaufbauphase nach dem Krieg war zwar abgeschlossen, doch die neue industrielle Revolution mit ihrer Strukturkrise brachte auch die Propsteigemeinde in eine schwierige Lage. In der Innenstadt sank die Zahl der Gemeindemitglieder, so dass es schwierig wurde, eine lebendige Gemeinde mit vielen aktiven Gruppierungen aufrecht zu erhalten. So wurde die Propsteikirche immer mehr zur „Stadtkirche“, auch, weil viele Gemeinden, die zur Zeit der Industrialisierung und in der Nachkriegszeit gegründet worden waren, viele Mitglieder verloren. Daher mussten die Weichen für die Gründung von Pastoralverbünden gestellt werden.
Sein Nachfolger wurde 1997 Propst Andreas Coersmeier. Unter seiner Leitung wurde 2001 die erste abgepfarrte Gemeinde Liebfrauen wieder mit der Propsteigemeinde zusammengeführt zum Pastoralverbund Dortmund-Zentrum. 2009 wurde die Liebfrauengemeinde mit der Propsteigemeinde vereint und die Kirche in ein Kolumbarium – das erste in der Erzdiözese Paderborn – umgewandelt. Die „Grabeskirche Liebfrauen“ ist somit zu einem würdigen Ort des Abschiednehmens geworden.
1998 wurde die Katholische St.-Johannes-GmbH gegründet, in der das St. Johannes-Hospital, das Christinenstift, das Elisabeth-Kinderheim und das St.-Elisabeth-Krankenhaus Kurl zusammengefasst wurden.
An der Nord- und Südseite der Kirche wurden 2002/2003 auf Veranlassung von Propst Coersmeier 6 neue Kirchenfenster eingebaut, die durch den Künstler Joachim Klos gestaltet wurden. Der Derick-Baegert-Altar, der seit 1987 auf einem hölzernen Unterbau stand, erhielt einen steinernen Altartisch.
Anstelle der vier Dekanate, die auch einen Teil des Stadtgebietes von Schwerte und Lünen umfassten, wurde 2006 ein großes Dekanat Dortmund gebildet. Außerdem begann unter Propst Coersmeier die flächendeckende Einführung der Pastoralverbünde.
Ab 2017 wird die Propsteigemeinde Teil des "Pastoralen Raumes Dortmund-Mitte“ sein, der die jetzigen Pastoralverbünde Dortmund-Mitte-Südwest, Heiliger Weg und Dortmund-Mitte-Ost zusammenfasst. Mit der Umstrukturierung ist den Gemeinden auch eine inhaltliche Überprüfung des pastoralen Handelns aufgetragen.
(Brigitte Barkeling, August 2015)
Quellen:
Die im Text genannten historischen und kunsthistorischen Fakten stützen sich auf folgende Quellen:
„Chronik der Propsteigemeinde“
Kirchenführer „Die Propsteikirche in Dortmund“, Herausgeber Propsteigemeinde Dortmund, Autor: Manfred Pinno
„Die katholische Kirche in Dortmund“, Herausgeber: Paul Montag / Elisabeth Tillmann / Brigitte Spieker / Dieter Höltershinken, Bonifatius-Verlag Paderborn, 2006
„Die Dortmunder Dominikaner und die Propsteikirche als Erinnerungsort“, Herausgeber: Thomas Schilp und Barbara Welzel, Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld, 2006
„Dortmunder Kirchen des Mittelalters“, Autoren: Wolfgang Rinke / Gerhard P. Müller / Josef H. Neumann, Ruhfus Verlag, Dortmund, 2000
„Die Dortmunder Propsteikirche – Ein historischer Bilderbogen“, Oliver Neumann, Ruhfus Verlag, Dortmund, 1992